Kitawerk Lübeck
70 Jahre „Haus in der Sonne“: Vom Werkskindergarten zur Kindertagesstätte für alle
„Jahrmarkt in Herrenwyk? Ja, das gab es wirklich auf dem Sommerfest des Kindergartens ,Haus in der Sonne‘“: So beginnt ein Bericht der Werkszeitung der Hochofenwerk Lübeck AG vom Juli 1953. Damals gehörte der Kindergarten zur Metallhütte im Zentrum von Herrenwyk und betreute montags bis sonnabends von 6.00 bis 16.30 Uhr die Kinder der Werksarbeiter. Zu den Höhepunkten des Festes gehörten Zuckerkringel-Angeln, ein Karussell und ein Kasper. Sieben Jahrzehnte später bereitet sich die heutige Integrative Kindertagesstätte wieder auf ein großes Fest mit Jahrmarkt-Charakter vor – mit feuerspeiendem Jongleur, Kunstaktionen und vielen Spielen. Auch Bürgermeister Jan Lindenau wird der Kita persönlich gratulieren.
Die Kita „Haus in der Sonne“ gehört inzwischen zum Kitawerk Lübeck und arbeitet seit vielen Jahren integrativ mit dem Ziel von Inklusion. Sie bietet heute Platz für 85 Kinder in fünf Integrationsgruppen und einer Krippengruppe, verfügt über ein großes Außengelände und ausgedehnte Räumlichkeiten mit zwei Bewegungsräumen, einem Snoozle-Raum und einem Werkraum sowie ein 25-köpfiges interdisziplinäres Team, ergänzt durch externe Fachkräfte. „Das ist schon besonders in Lübeck“, so Kita-Leiterin Britta Thede.
Bereits 1971 eröffnete die Kita eine Gruppe mit „verhaltensauffälligen“ Kindern, 1981 folgte die Anerkennung als „therapeutische Sondergruppe“ durch das Sozialministerium. 1987 wurde dann die erste Integrationsgruppe eröffnet. Heute arbeiten alle Gruppen im „Haus in der Sonne“ mit integrativem und inklusivem Blick.
1987 fing auch Claudia Moll-Gienke als Erzieherin in der „Sondergruppe“ mit 10 Kindern an zu arbeiten. Die heutige Religionspädagogische Fachkraft des Kitawerks hat schon als Kind selber das „Haus in der Sonne“ besucht. Die Arbeit in der Sondergruppe war eine Herausforderung. „Aber auch damals war es uns schon sehr wichtig, dass alle Kinder an unseren Angeboten gemeinsam teilhaben konnten“, so Claudia Moll-Gienke. Man habe sogar zehntägige Freizeitfahrten mit allen Kindern organisiert, etwa ins Lauenburgische oder an den Einfelder See.
„Die Kita hat von jeher eine ausgeprägte Willkommenskultur gelebt“, so die Pädagogische Leiterin der Kita, Diplom-Psychologin Sibylle Damm. Zu Zeiten des Werkskindergartens wurden viele Kinder aus spanischen, italienischen und portugiesischen Gastarbeiterfamilien aufgenommen. Auch heute gibt es einen hohen Anteil an Familien mit Migrationsgeschichte und unterschiedlichen Glaubensrichtungen. „Die Vielfalt der unterschiedlichen Kinder und ihrer Familien ist eine Bereicherung der Kita, und die positiven Auswirkungen erleben wir täglich in unserer pädagogischen Arbeit“, ergänzt Sibylle Damm.
Nach mehr als zwei Jahren pandemiebedingten Einschränkungen freuen sich in der Kita nun alle auf ein großes Fest. „Wir haben uns dafür viele kleine Highlights ausgedacht und werden dabei von Kücknitzer Vereinen und Lübecker Institutionen unterstützt“, so Kita-Leiterin Britta Thede. Außerdem ist eine Ausstellung zur 70-jährigen Geschichte der Kita geplant. „Dabei bekommen wir Unterstützung durch die Geschichtswerkstatt Herrenwyk“, freuen sich die Leiterinnen.